Krafttraining für Frauen
Was können Frauen mit Krafttraining erreichen? Die meisten Frauen befürchten, dass sie am nächsten Tag mit einer Umfangsverdopplung ihres Bizepses und/oder Schultermuskulatur aufwachen, sobald sie beginnen mit einer Langhantel zu trainieren.
Menschen die etwas mehr Erfahrung im Krafttraining haben, wissen dass dies absolut unmöglich ist. Ein Blick ins Fitnessstudio zeigt dir, dass es selbst für einen Mann schwierig ist, Muskulatur aufzubauen. Sowohl physiologisch als auch hormonell gibt es eine Reihe von Unterschieden zwischen Männern und Frauen. Der bekannteste Hormonelle Unterschied ist das Hormon „Testosteron“. Trotz der Tatsache, dass eine Frau etwa 15-mal weniger Testosteron als ein Mann hat, wird oftmals behauptet, dass Männer und Frauen ähnlich trainieren sollten und dass Frauen aufgrund dieses bestehenden Hormonunterschieds nicht mit zu viel Muskelwachstum rechnen können. Aber wie ist es wirklich?
Können Frauen genauso viel Muskulatur aufbauen wie Männer?
Beim Vergleich von Veränderungen der Muskelkraft & -masse zwischen den beiden Geschlechtern, die durch das Training verursacht werden, ist es wichtig, zwischen absoluten und relativen Veränderungen zu unterscheiden.
In Bezug auf Kraft im Verhältnis zum Körpergewicht haben Frauen ungefähr 2/3 der Kraft von Männern.1 Die Kraft des Unterkörpers von Frauen liegt im Allgemeinen näher an den männlichen Werten, als die Kraft des Oberkörpers. Diese Unterschiede lassen sich durch die unterschiedlichen Körpermerkmale wie Größe, Gewicht, Körperzusammensetzung und fettfreie Masseverteilung erklären (à Frauen haben in der Regel weniger Muskelmasse über der Taille als Männer).
Betrachtet man die Kraft im Verhältnis zur fettfreien Muskelmasse, so verschwindet dieser Unterschied zwischen Männern und Frauen, sowohl in Bezug auf Kraft, als auch auf die Masse.2 Das bedeutet, wenn wir Kraft und Muskelmasse im Verhältnis zur fettfreien Masse (= trockene Muskelmasse) betrachten, können Frauen den gleichen Prozentsatz an Muskelmasse und Kraft aufbauen wie Männer.3
Was ist mit Testosteron?
Mehr Testosteron bedeutet mehr Muskelmasse und Kraft. Daran besteht kaum ein Zweifel. Die Beziehung zwischen den Geschlechtern wird jedoch viel schwächer. Wenn das Hormon Testosteron für die Kraft- & Muskelmasseentwicklung entscheidend gewesen wäre, könnten Frauen im Vergleich zu Männern, nur 7% der Kraft und Masse aufbauen.
Wie kann der große Unterschied im Testosteronspiegel nicht die (relative) Kraft und den Muskelaufbau bestimmen? Dies liegt an der Tatsache, dass Testosteron bei Männern und Frauen unterschiedlich funktioniert. Die Kraft und muskelaufbauende Funktion von Testosteron bei Frauen wird von anderen Substanzen übernommen, die als sogenannte „Wachstumsfaktoren“ bezeichnet werden.4
Die Rolle von Östrogen beim Muskelwachstum bei Frauen
Testosteron ist also nicht der große Retter; und ebenso ist Östrogen nicht der große Bösewicht. Viele Menschen, einschließlich Frauen, sehen Östrogen als das bösartige Hormon, das sie anschwellen lässt und somit wird es oftmals mit allen möglichen negativen Dingen in Verbindung gebracht. Obwohl die negativen Wirkungen von Östrogen selten beschrieben werden, ist es nach Ansicht der meisten Menschen schlecht für die Körperzusammensetzung. Das ist totaler Schwachsinn! Östrogen hat unter anderem positive Auswirkungen auf die Bauchfettspeicherung, sowie die folgenden positiven Effekte:
- Hilft bei der Muskelregeneration. 5
- Wirkt antikatabol und beugt Muskelschwund vor. 6
- Schützt die Gelenke, Knochen und Sehen vor Verletzungen. 7
- Erhöht den Stoffwechsel. 8
Dies sind keine undurchsichtigen oder unwichtigen Ergebnisse. Hunderte von wissenschaftlichen Studien haben die positiven Wirkungen von Östrogen belegt.9 Der schlechte Ruf von Östrogen beruht auf der schlechten Intuition, dass wenn Testosteron anabol ist, Östrogen katabol sein muss.
Der Einfluss von Progesteron auf das Muskelwachstum
In der Tat ist Progesteron eher der “Schuldige“ in Bezug auf den Muskelaufbau. Allerdings hat Progesteron auch eine Reihe von Nebenwirkungen:
- Progesteron wirkt Östrogen teilweise entgegen und wirkt sozusagen katabol. Es verhindert die Aufnahme von Glukose und fördert den Proteinabbau.10
- Progesteron scheint eine hemmende Wirkung auf den motorischen Kortex zu haben, was zu einer vorübergehenden Verschlechterung der Muskelkontrolle führen kann.11
- Es konkurriert mit Testosteron, wodurch sichergestellt wird, dass Testosteron bei der Ausübung seiner anabolen Wirkung blockiert wird.
Warum Frauen ihr Potenzial nicht ausschöpfen
Frauen haben das gleiche relative natürliche Muskelpotential wie Männer. Sie haben sogar eine Reihe von Vorteilen gegenüber Männern! Dies spiegelt sich jedoch nicht im Fitnessstudio wider, was sehr bedauerlich ist, weil jeder von etwas mehr Muskelkraft oder -masse profitieren kann. Nachfolgend haben wir die häufigsten Gründe dafür aufgelistet:
- Wenn Frauen ins Fitnessstudio gehen, verbringen sie die meiste Zeit auf dem Laufband oder spielen mit rosa Hanteln.
- Viele Frauen verwenden Verhütungsmittel, die ihre Fortschritte beim Krafttraining beeinträchtigen können. Viele Antibabypillen unterdrücken das Muskelwachstum, indem sie die Androgenaktivität reduzieren12, den Wachstumshormonspiegel senken und den Cortisolspiegel erhöhen. Es ist hauptsächlich das Gestagen in den Verhütungsmitteln, das schädlich ist, weil es mit Testosteron um die Androgenrezeptoren konkurriert.
- Wir haben nicht die gleichen Erwartungen an Frauen. Wenn ein Mann mit viel Gewicht Bankdrücken kann, ist das ein Zeichen sozialer Dominanz. Wenn eine Frau mit viel Gewicht Bankdrücken kann, wird dies von anderen Menschen zum Teil als beängstigend empfunden.
- Frauen, die trotz des oben erwähnten Stigmas ernsthaft trainieren, trainieren oftmals auf die gleiche Weise wie Männer, was nicht ihren physiologischen Vorteilen entspricht.
Krafttraining für Frauen
Warum sollten Frauen anders trainieren als Männer? In der Vergangenheit hatten Frauen seit Tausenden von Jahren Aufgaben, die viel Ausdauer erforderten:
- Sie liefen stundenlang, um Wasser, Nahrung und Holz zu finden und zu sammeln.
- Sie halfen dabei die geschlachteten Tiere ins Lager zu bringen.
- Sie hoben lange Zeit schwere Gegenstände (zum Bespiel Kinder).
Dies schlägt sich in der Anzahl der physiologischen Unterschiede zwischen Frauen und Männer nieder. Diese mehr auf Ausdauer ausgerichteten Aufgaben, die Frauen über Millionen von Jahren ausgeführt haben, führten zu signifikanten Unterschieden, an die sich die Geschlechter am besten anpassen. So kannst du diese Unterschiede zu deinem Vorteil nutzen:
Muskelfaserzusammensetzung
Nicht trainierte Männer und Frauen haben die gleiche Verteilung der Muskelfasertypen. Diese Verteilung der Muskelfasertypen ändert sich mit dem Training: beim Krafttraining von Frauen wandeln sich Muskelfasern in Type-I-Fasern (= rote, langsam kontrahierende Muskelfasern – Ausdauer orientiert) um oder sie ändern sich überhaupt nicht. Bei Männern wechseln diese normalerweise zu Fasern des Typs 2a (= weiße, schnell kontrahierende Muskelfasern – Explosivität orientiert). Frauen haben proportional größere Fasern vom Typ I als Männer. Dies macht Frauen widerstandsfähiger gegen Muskelermüdung.13 Dies bedeutet:
- Schnellere Erholung nach einem (Trainings-)Durchgang und weniger neuromuskuläre Müdigkeit, was zu einer höheren Arbeitsleistung führt.14
- Frauen können mit höheren Trainingsstress umgehen als Männer.
Auf diese Weise können Frauen in der Regel mehr Wiederholungen mit einer bestimmten Intensität ausführen im Vergleich zu Männern.15
Frauen sind widerstandsfähiger gegen Übersäuerung
Aus dem Grund, dass Frauen mehr Typ-1-Muskelfasern besitzen, haben sie auch mehr Sauerstoff und neigen somit weniger zur Übersäuerung.16 Typ-1-Fasern bestehen aus mehr Mitochondrien (= Energiefabriken) innerhalb der Zellen. Darüber hinaus haben Frauen in der Regel einen niedrigeren Blutdruck als Männer, was auch zu einer besseren Durchblutung und damit zu einer höheren Sauerstoffversorgung führt.
Frauen haben eine weniger effiziente Koordination.
Beim Training mit schweren Gewichten sind Männer wesentlich explosiver und können mehr Wiederholungen ausführen.17 Was bedeutet dies für das Krafttraining von Frauen?
- Frauen können ein höheres Trainingsvolumen mit geringerer Intensität bewältigen.
- Frauen bewegen sich zwar etwas langsamer, aber weil sie widerstandsfähiger gegen Übersäuerung sind, ist es oft besser, die Wiederholungen immer wieder herauszuzögern.
Frauen können ein höheres Trainingsvolumen bewältigen.
Frauen können ein höheres Trainingsvolumen als Männer bewältigen, weil sie mehr Muskelfasern vom Typ- 1 besitzen. Dies ist jedoch nicht der einzige Grund, warum Frauen ein höheres Trainingsvolumen bewältigen können als Männer. Frauen haben einen zusätzlichen Vorteil gegenüber Männern, weil sie mehr Östrogen besitzen, welches bei der Muskelregeneration hilft. Außerdem reduziert es den Proteinabbau während des Trainings und schützt auf dies Weise vor Muskelschäden. Dies ermöglicht es Frauen, mit einem höheren Trainingsvolumen zu trainieren.
Was ist mit Ernährung?
Frauen funktionieren besser bei einer fettreichen Ernährung. Außerdem verbrennt das weibliche Geschlecht in der Regel bei gleicher Trainingsintensität mehr Fett und weniger Kohlenhydrate und Protein als Männer.18 Verantwortlich dafür sind die Unterschiede zwischen Nervensystem und Hormonsystem. Eine noch offensichtlichere Erklärung dafür ist, dass Frauen normalerweise einen höheren Fettanteil als Männer bei gleichem Gewicht haben. Daher ist es sinnvoll, dass Frauen Fett als primäre Energiequelle verwenden.
Kurz gesagt, Frauen haben einen kohlenhydrat- & proteinsparenden Stoffwechsel. Der geringere Bedarf an Kohlenhydraten lässt Raum für eine erhöhte Fettaufnahme. Fette wirken sich sehr positiv auf die hormonelle und kardiovaskuläre Gesundheit von Frauen aus. Es gibt sogar Studien, die belegen, dass eine fettarme Ernährung die Brustgröße bei Frauen durch eine verringerte Produktion von Sexualhormonen verringern kann.19
Frauen brauchen nicht so viel Eiweiß wie Männer.
Wie oben bereits beschrieben, haben Frauen einen kohlenhydrat- und proteinsparenden Stoffwechsel. Infolgedessen verbrennen Frauen auf nüchternen Magen20 und beim Sport21 weniger Eiweiß im Vergleich zum männlichen Geschlecht. Darüber hinaus haben Frauen aufgrund ihrer erhöhten Fettmasse im Allgemeinen weniger Muskelmasse als Männer, was bedeutet, dass der Proteinbedarf etwas geringer ist. Aus evolutionärer Sicht sind Frauen möglicherweise besser an eine niedrige Proteinaufnahme angepasst als Männer, was bedeutet, dass Frauen ca. 10% weniger Protein benötigen als Männer.22
Zeit zu handeln!
Jetzt, da du die wichtigsten Unterschiede zwischen Männern und Frauen kennst, ist es an der Zeit diese in deiner eigenen Trainingsplanung & -periodisierung, sowie in deinem Essverhalten anzuwenden. D bist eine Frau und nimmst dein Training ernst? Dann solltest du auf folgende Aspekte achten:
- Wenn du Muskelmasse aufbauen möchtest, sorge dafür, dass ein großer Teil deines Trainings aus einer größeren Anzahl von Wiederholungen besteht.
- Hebe mit kontrollierter Geschwindigkeit. Da Frauen im Allgemeinen weniger explosiv sind als Männer, kannst du als Frau mehr Wiederholungen mit einem langsameren Tempo ausführen.
- Reduziere die Dauer deiner Trainingspause. Aus dem Grund, dass Frauen sich schneller erholen, brauchst du weniger Pause zwischen den Trainingsserien als Männer.
- Erhöhe das Trainingsvolumen. Das Trainingsvolumen ist deine Arbeitsbelastung oder die Menge an Arbeit, die du verrichtest. Es ist eine einfache Zusammenfassung der Anzahl der Sätze, Wiederholungen, dem Gewicht und der Intensität deines Trainings. Passe einen dieser vier Faktoren an, um dein Trainingsvolumen zu erhöhen.
- Erhöhe die Trainingsfrequenz. Deine Trainingsfrequenz gibt an, wie häufig du eine Muskelgruppe pro Woche trainierst. Frauen erholen sich nicht nur zwischen den Trainingsserien schneller, sondern auch zwischen den einzelnen Trainingseinheiten. Im Allgemeinen soll man jede Muskelgruppe mindestens zweimal pro Woche trainieren. Bei Frauen würden wir etwa dreimal pro Woche empfehlen.
- Erhöhe deinen Fettkonsum.
Für alle Frauen mit einer Muskelphobie.
Wir haben diesen Blog mit dem Ziel hochgeladen, deine Trainingsergebnisse als Frau zu verbessern. Der obige Text bezieht sich auf Muskelkraft, Muskelmasse sowie allgemeine Fitness und Belastbarkeit. Wenn du als Frau Angst hast, durch ein paar Hanteln muskulös zu werden, denke dann daran, dass es schwierig und langwierig ist, Muskulatur aufzubauen. Du musst mehrmals die Woche trainieren, deine Ernährung anpassen, dich gut regenerieren, usw. Es ist absolut unmöglich, nach ein paar Trainingseinheiten breiter zu werden. Ein Blick in das Fitnessstudio bestätigt dies und sollte dir einen Großteil deiner Ängste nehmen.
Für mehr Info bezüglich alles rundum Training und Gesundheit, empfehlen wir euch den Artikeln auf der Site von Menno Henselmans.
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